ELC in Deutschland / Interview mit Pfr. i. R. Klaus Pahlen

Hannover, 26.06.2023

Vom 14. bis zum 17. Juni fand die 27. Tagung der Europäischen Lutherischen Konferenz (ELC) in Deutschland statt und wurde in Essen durchgeführt. Klaus Pahlen, emeritierter Pfarrer und Propst der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), wurde als Präsident wiedergewählt. Für selk.de beantwortet er Fragen zur ELC und zu der Tagung in den Räumen seiner früheren Gemeinde.

Herr Pfarrer Pahlen, herzliche Segenswünsche zu Ihrer Wiederwahl als ELC-Präsident. Erläutern Sie unseren Leserinnen und Lesern kurz, um was es sich bei der ELC handelt?

Vielen Dank für die Segenswünsche! Die Europäische Lutherische Konferenz (ELC) ist der Zusammenschluss bekenntnisgebundener evangelisch-lutherischer Kirchen in Europa. Die ELC fördert die Einigkeit, Gemeinschaft und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedskirchen durch detaillierte theologische und missionarische Beratung.

Wann ist die ELC entstanden?

Nach dem Zweiten Weltkrieg, organisierten die bekenntnisgebundenen Evangelisch-Lutherischen Kirchen regelmäßige „Missionskonferenzen“. 1986 wurde der Name „Europäische Lutherische Konferenz“ angenommen und es begannen Überlegungen über eine festere Struktur. 1999 gab sich die ELC „Richtlinien“ als eine Art Grundordnung.

Wer gehört der ELC an?

Die ELC hat sieben Mitgliedskirchen aus Belgien, Dänemark, Frankreich, Portugal, Groß Britannien, Norwegen und Deutschland. Dazu werden regelmäßig ca. zwölf Gastkirchen aus übrigen europäischen Ländern einschließlich Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Russland eingeladen. Letztere haben dieses Jahr allerdings kein Visum bekommen.

Wie oft finden Tagungen der ELC statt?

Alle zwei bis drei Jahre.

Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus wie vielen Kirchen waren in Essen versammelt?

Insgesamt waren es 17 Pastoren/Bischöfe und 10 Gemeinde-VertreterInnen aus 15 Ländern und Kirchen.

Welches Thema wurde in Essen bearbeitet?

Diesmal ging es um „Gender und Kirche“ mit der Kernfrage, wie sich die Kirche insbesondere angesichts ihrer Bindung an Bibel und Bekenntnis gegenüber der LGBTQI+ Bewegung verhalten soll. Wir haben das Thema aus theologischer, rechtlicher und persönlicher Sicht bearbeitet.

Wie verständigen sich die Teilnehmenden sprachlich untereinander?

Die Konferenzsprache ist in der Regel Englisch, aber andere Sprachen sind auch möglich, sofern sich jemand zum Übersetzen findet. Die Vorträge wurden vor Beginn der ELC in verschiedene Sprachen übersetzt. Dazu haben wir zum ersten Mal „künstliche Intelligenz“ in Form von Übersetzungssoftware eingesetzt.

Was gehörte außerdem zum Programm der Tagung?

Neben den Vorträgen und thematischen Diskussionen liegt uns vor allem an der persönlichen Begegnung von Mitgliedern und Gästen, dem Austausch über die Situation in den jeweiligen Kirchen und dem Kennenlernen der gastgebenden Gemeinde. Die Stadt Essen haben wir kennengelernt, indem wir jeden Tag in einem anderen Stadtteil gegessen und das Weltkulturerbe „Zeche Zollverein“ besucht haben.

Sie wurden wieder ins Leitungsteam gewählt. Wie gestaltet sich dessen Arbeit?

Zum Leitungsteam gehören ein Vorsitzender, ein Stellvertretender Vorsitzender und ein Sekretär. Sie sollen jeweils aus einem anderen Land kommen. Gewählt werden sie aus den Anwesenden einer Konferenz, um anschließend die nächste Konferenz zu planen und durchzuführen. Ein Rendant verwaltet die Finanzen, und der Pastor der gastgebenden Gemeinde wird auch mit in die Planungen einbezogen. Im Vorfeld dieser Konferenz haben wir uns jeden Monat online getroffen und über die Fortschritte in der Planung ausgetauscht. So galt es, ein Thema zu finden, es mit möglichen Referenten abzusprechen, einen Versammlungsort und Datum auszusuchen, dazu ein Hotel zu buchen, ein Tagesprogramm zu entwerfen, Einladungen zu verschicken, Gelder einzuwerben und Andachten vorzubereiten.

Wie ist bezüglich der Tagung Ihr persönliches Fazit?

Bedenkt man das durchweg positive Feedback der Teilnehmenden, war es eine gelungene Tagung. Die Organisation hat funktioniert und das Thema war aktuell und sowohl kirchlich als auch gesellschaftlich relevant. Allerdings war es zu groß, um in wenigen Tagen umfassend behandelt zu werden. Immerhin hat es den Delegierten einen Anstoß gegeben, das Thema aus der Tabuzone herauszuholen und in ihren eigenen Kirchen weiter zu diskutieren.

Welchen Wert hat aus Ihrer Sicht die ELC als Kooperation lutherischer Bekenntniskirchen?

Die Delegierten erkennen im Austausch der Gedanken, dass sie eine gemeinsame Glaubensbasis haben, die Bibel und das lutherische Bekenntnis. Tägliche Morgen- und Abendandachten unterstützen das und stärken ungemein. Im Gespräch über die Probleme der meist kleinen Kirchen wird deutlich, dass andere sie auch haben oder kennen. Sie tauschen ihre Erfahrungen aus und suchen gemeinsam nach Lösungen. Gegenseitiges Verständnis und Solidarität wachsen. Das sind gute Grundlagen für die Kirchengemeinschaft, die allen am Herzen liegt.